Anspruch: Leicht
Strecke: 13,1km
Gastronomie Empfehlung: Daubemühle (nicht getestet)
Startpunkt: 50°59’44.0″N 13°57’13.7″E
Heute nehme ich euch mit auf eine Runde durch das Wesenitztal. Diese Wanderung konnte ich kaum erwarten, haben mich doch allein die vielen Bilder von dort sehr neugierig gemacht. Nicht nur von Lost Places entlang des Flusses, sondern vor allem auch vom „Wasserwerk Niezelgrund“. Das musste ich einfach selbst sehen. Und vor allem wollte ich unbedingt einen Artikel darüber schreiben, um mehr darüber zu erfahren. Also seid gespannt, die Runde lohnt sich.
Für unser kleines Abenteuer parken wir am besten auf dem Wanderparkplatz in Liebethal. Hier gibt es mehrere Parkmöglichkeiten, extra für Wanderungen im Wesenitztal. Ich habe euch wie immer eine der Parkmöglichkeiten oben in den Koordinaten angegeben. Ansonsten sind sie auch gut bei Maps zu finden. Hier sollte man auf jeden Fall einen Stellplatz finden können.
1. Etappe des Malerweg führt durchs Wesenitztal
Vom Parkplatz aus gehen wir zunächst die Straße entlang zum Einstieg unserer Wanderung, welcher gleichzeitig auch der Einstieg für die 1. Etappe des Malerwegs ist. Vom Malerweg haben sicher schon viele Wanderer gehört. Dieser Weg führt auf seinen 116 Kilometern quer durch die Sächsische Schweiz. Seinen Namen verdankt der Weg einigen großen Malern wie Caspar David Friedrich oder Ludwig Richter, die hier einst wandelten. Aber auch Dichter wie Hans Christian Andersen fanden auf diesem Weg neue Inspirationen. 2007 erhielt der aus acht Etappen bestehende Wanderweg dann sogar die Auszeichnung „Schönster Wanderweg Deutschlands“. Warum? Das werdet ihr schon hier auf der 1. Etappe im Wesenitztal merken, die wir zum Teil entlang laufen werden.
Gleich am Einstieg zum Wanderweg fallen uns linker Hand die großen gerade gehauenen Felswände auf. Der „Liebethaler Grund“, wie er heute noch genannt wird, war über Jahrhunderte mit dem Abbau von Sandstein verbunden. Der erste urkundlich benannte Steinbruch entstand 1346, doch sollen auch schon Steine für den Bau des Meißner Doms 1260 aus dem Liebethaler Grund gekommen sein. Im 16. Jahrhundert, der Hochzeit für die Sandsteingewinnung, sollen rund 20 Steinbrüche im Grund existiert haben. Im Jahr 1765 waren es dann schon 63, wobei zu dieser Zeit schon einige wieder stillgelegt waren. Denn im 18. und 19. Jahrhundert wurde der Abbau von Sandstein an dieser Stelle immer unlukrativer, da der Transport der Steine bis zur Elbe zu kostenintensiv war. Da die Elbe der Haupttransportweg für Sandstein war, waren elbnahe Steinbrüche weit wirtschaftlicher. 1950 wurde dann der letzte verbleibende Bruch der Firma Künzelmann geschlossen und damit ein über Jahrhunderte bestehender Wirtschaftszweig.
Wasserkraftwerk Pirna-Liebethal
Kurz nach dem Steinbruch stoßen wir auf das Wasserkraftwerk Pirna-Liebethal. Wir stehen hier vor dem sogenannten Rechenhaus, welches wie der Rest der Anlage 2001 reaktiviert wurde. Wann genau diese Anlage gebaut wurde ist nicht bekannt. Erste Versuche die Wasserkraft an dieser Stelle nutzbar zu machen werden auf das vorletzte Jahrhundert datiert. Indes ist bekannt, dass das das Wehr 1921/22 um 0,8 Meter erhöht wurde. Dies war ein beträchtlicher Aufwand, da nicht nur das Wehr, sondern auch alle anderen damit in Verbindung stehenden Bauten angehoben werden mussten. Diese Erweiterung brachte gerade eine Leistungssteigerung von 10 Prozent. Daran merkt man, wie kostbar der Strom damals war. Das Kraftwerk mit seinen 2 Turbinen kommt in seiner heutigen Form auf eine Jahresdurchschnittsleistung von rund 860.000 Kilowattstunden, was wiederum einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von rund 860 Personen darstellt.
Nun haben wir ja noch nicht viel vom Weg geschafft, also geht es jetzt erst einmal ein Stück weiter das Wesenitztal hinauf. Ein schöner Pfad schlängelt sich durch das Tal wo wir beiderseits Überreste der einstigen Steinbrüche erahnen können. Hier ist es wunderschön ruhig, da auch der Fluss bis auf wenige Ausnahmen keine Stromschnellen hat. Hier hört man nichts bis auf das Zwitschern der Vögel und das Rascheln der Bäume im Wind, ein herrlicher Ort zum Abschalten.
Lost Place - Das Elektrizitätswerk
Abschalten, das ist dann auch schon unser nächstes Stichwort. Denn hinter einer Felsecke stoßen wir auf eine Brücke, die uns zu einer Ruine führt. Ein längst abgeschaltetes Elektrizitätswerk, welches 1894 gebaut wurde. Hier befanden sich einst zwei Turbinen, die über ein langes Stahlrohr gespeist wurden, welches von der Lochmühle flussaufwärts kam. Das Stahlrohr mit einem 1,5 Meter großen Durchmesser hatte auf 450 Metern ein Gefälle von 11,5 Metern. Die Überreste der Turbinen kann man noch heute im Inneren der Ruine bestaunen. Das E-Werk, welches eines der ersten in Sachsen war, stellte erst 1970 den Betrieb ein und verfällt seitdem.
Lost Place - Die Lochmühle
Vom alten E-Werk geht es nur ein Stück flussaufwärts bevor wir schon unseren nächsten Lost Place finden: die Lochmühle. Sie entstand 1560 als Mahlmühle und war anfangs nur über steile Pfade und Treppenanlagen erreichbar. Erst im Jahre 1799 wurde hier ein Fahrweg errichtet, der zukünftig dann auch die Anfahrt über Pferdewagen ermöglichen sollte. Mit der Erschließung der Sächsischen Schweiz als Wandergebiet, kamen zunehmend mehr Wanderer an der Lochmühle vorbei. Das brachte ein lohnenswertes Nebeneinkommen für die „Lochmüller“, so gut, dass im Jahr 1840 zusätzlich eine Gastwirtschaft betrieben wurde. Richard Wagner komponierte hier bei mehreren Aufenthalten Teile der Oper Lohengrin im Jahre 1846. Das ist auch der Grund für das kurz vor der Lochmühle befindliche Denkmal. 1880 endete dann der Malbetrieb in der Lochmühle, als der Müller tödlich im Räderwerk verunglückte. Ab diesem Zeitpunkt wurde nur noch die Gastwirtschaft betrieben, welche im Zuge der Wende und des Endes der DDR auch ein Ende fand. Seit her steht die Mühle leer und wird dem Verfall überlassen.
Auf dem nächsten Abschnitt unserer Wanderung kommen wir noch an einigen kleineren interessanten Orten vorbei. Unter anderem an zwei Wappen, die ich ohne das Hinweisschild am Wegesrand wohl gar nicht bemerkt hätte. Bevor wir nach Lohmen kommen, sehen wir die Daubemühle, die 1465 ihre erste urkundliche Erwähnung fand. Lohmen ist ein wirklich beschaulicher Ort, der hier mitten im Tal liegt. Es ist interessant zu sehen, wie passend sich dieser Ort zwischen den Felswänden ins Tal einfügt.
Der Steinbruch Lohmen im Wesenitztal
Wir folgen der Wesenitz durch den Ort und treffen am Ende auf einen Steinbruch für Sandstein. Eigentlich wurden doch alle Sandsteinbrüche im Wesenitztal geschlossen, da sie sich nicht rentiert haben, aber da der Bedarf in den letzten Jahren wieder stieg, wurden einige Sandsteinbrüche reaktiviert und werden bis heute betrieben. Darunter zum Beispiel in Neundorf, Cotta, Wehlen und hier in Lohmen. Der Sandstein, der für den neuen Bogen der Augustusbrücke in Dresden gebraucht wurde, stammte zum größten Teil hier aus dem Steinbruch in Lohmen. Da der Wanderweg direkt am Steinbruch vorbeiführt, kann man hier einen schönen Einblick bekommen. Achtet aber gegebenenfalls auf die Signale für Sprengungen und betretet auf keinen Fall den Steinbruch. DAS IST LEBENSGEFÄHRLICH, also Vorsicht!
Wasserwerk Niezelgrund
Kurz hinter dem Steinbruch kommen wir dann zu meinem persönlichen Hightlight der Runde: dem „Wasserwerk Niezelgrund“. Dieses Bauwerk weiß allein schon durch seine Architektur zu faszinieren. Ursprünglich wurde hier im Jahr 1877 eine Wehranlage gebaut, die für den Antrieb der Maschinen für die Holzschleiferei und Pappenfabrik Weber & Niezel zuständig war. Später wurde hier zur Erzeugung von Strom im Jahr 1910 eine Turbine eingebaut. Schon ein paar Jahre später im Jahre 1932 wurde das Wasserkraftwerk ausgebaut und mit einer zweiten Turbine ausgestattet. Es folgte der zweite Weltkrieg, durch dessen Folgen die Wehranlage beschädigt wurde. Diese wurde dann 1963 teilweise instandgesetzt, bevor das Kraftwerk dann wegen Unwirtschaftlichkeit 1969 komplett stillgelegt wurde. Nun war es dem Verfall und der Natur freigegeben.
Die Wiederinbetriebnahme des Wasserwerk Niezelgrund
Im Jahr 2000 erfolgte dann die Wiederinbetriebnahme und der Einbau einer Kaplan-Turbine. Bei einer Fallhöhe von 10,4 Metern und einer Durchflussmenge zwischen 0,5 und 2,6 Kubikmetern pro Sekunde erreicht diese Turbine einen Wirkungsgrad von 95 Prozent, was wiederum eine Leistung von 40 bis 215 Kilowatt bringt. Das ergibt ca. eine Million Kilowattstunden ökologischen Strom im Jahr. Mit diesem Strom werden rund 350 Haushalte in Lohmen versorgt, was ein Viertel der Gemeinde Lohmen darstellt. Am Wasserwerk selbst hängt nicht nur eine Tafel zur Funktionsweise des Kraftwerks, sondern auch eine interessante Tafel, wie viele Tonnen Kohlenstoffdioxid und andere Umweltgifte mit dieser rein ökologischen Energiequelle eingespart werden. Es ist also nicht nur ein faszinierendes Bauwerk, es hilft auch unserer Natur und dem Planeten. Ein guter Grund für den Erhalt dieser Anlage.
Der Zulauf des Wasserwerks
Wir gehen durch einen Bogen des Zulaufs und den Berg hinauf und wandern weiter an der Wesenitz lang. Von Oben bekommen wir noch einmal einen Blick auf das Wehr, das den Zulauf des Wasserwerks sichert. Die Angler unter euch sollten es auf einen Blick gesehen haben, es gibt an diesem Wehr keine Fischtreppe. Für alle anderen zur kurzen Erklärung: es gibt eine EU-weite Richtlinie, die besagt, dass an Staueinrichtungen in Fließgewässern wie Wehren auch eine Fischtreppe gebaut oder vorhanden sein muss. Dies war hier leider aus technischen Gründen nicht möglich. Als Gegenzug werden aus dem Ertrag des hier produzierten Stroms aber Ausgleichzahlungen an die Fischereibehörden entrichtet, um so Hegemaßnahmen zu fördern.
Der Mühlsdorfer Koordinatenstein
Nach gut einem weiteren Kilometer an der Wesenitz entlang kommen wir nach Porschendorf und damit zum Scheitelpunkt unserer Wanderung. Am Ortseingang kommen wir an einer großen Fabrikanlage vorbei, der „Karl Bachl Kunststoffverarbeitung GmbH“. Im Ort überqueren wir dann abermals die Wesenitz und begeben uns so nun auf den Rückweg oberhalb des Wesenitztals. Hier gibt es weniger viele Sehenswürdigkeiten. Wir kommen unter anderem an einem alten Schießstand vorbei und gehen durch den Wald hinauf auf einen Kamm. Hier gibt es einen Aussichtspunkt, den Mühlsdorfer Koordinatenstein (235m ü. NN). Hier befinden wir uns nämlich genau auf den Koordinaten 51° Nord und 14° Ost.
Von hier aus geht es über die Wiesen und durch die Wälder zum Vogelberg. Diesen hätte ich, wenn nicht auf der Karte eingezeichnet, gar nicht als Berg ästimiert. Von dort aus geht es dann bergab wieder hinunter nach Liebethal, vorbei an der Dorfkirche und zurück zum Parkplatz.
Damit sind wir am Ende unserer Runde. Ich hoffe, mein kleiner Beitrag und die Bilder haben euch gefallen. Wer mehr Bilder von mir sehen möchte, findet mich auch auf Instagram oder Facebook. Wenn ihr informiert werden wollt, sobald ein neuer Beitrag erscheint, könnt ihr euch gern für meinen Newsletter anmelden oder ihr folgt mir auf Twitter. Das GPX zur Route findet ihr wie immer oben im Beitrag zum Download.
Fragen und Anmerkungen gern in die Kommentare und dann bis zum nächsten Mal, wenn’s wieder heißt: „Unterwegs im Freien“.